
Nach meiner Ausbildung hatte ich das große Glück, in einer Landarztpraxis arbeiten zu dürfen. Die Menschen dort haben wunderschöne Spuren in meinem Leben hinterlassen. Ganz besonders tief beeindruckt haben mich damals die Zeilen eines Gedichtes, die liebevoll auf ein großes Plakat von Hand geschrieben wurden.
Vor diesem Plakat stand ich sehr oft und dachte, so würde ich gerne leben können.
Vielleicht findest auch du beim Lesen eine Inspiration für dein Leben.
Desiderata
Geh freundlich und gelassen inmitten von Lärm und Hast,
denke daran, welcher Friede in der Stille zu finden ist.
Soweit wie nur immer möglich und ohne dich selbst aufzugeben,
versuche, mit allen Menschen auszukommen.
Rede von deiner Wahrheit ruhig und deutlich und hör anderen zu,
selbst wenn sie dir langweilig und unwissend erscheinen,
auch sie haben ihre Geschichte.
Geh lauten und angriffslustigen Menschen aus dem Weg,
denn sie sind eine Plage für den Geist.
Wenn du dich mit anderen vergleichst,
so werde nie eitel oder verbittert,
denn es wird immer Menschen geben,
die mehr oder weniger können als du.
Freue dich über das, was du erreicht hast
wie auch über deine Pläne.
Behalte das Interesse an deiner Arbeit, doch ohne Überheblichkeit.
Dein Tun und Handeln ist dein wahrer Besitz
unter all den anderen Dingen,
deren Wert einmal zu- und mal abnimmt.
Sei vorsichtig bei deinen Geschäften,
denn die Welt ist voller List.
Werde dadurch aber nicht blind gegenüber der Tatsache,
dass es viele Menschn gibt, die noch Ideale haben
und sie zu verwirklichen trachten.
Sieh auch, dass es überall im Leben noch echte Tapferkeit gibt.
Sei du selbst.
Vor allem aber täusche nicht Zuneigung vor,
noch werde zynisch, was die Liebe angeht.
Denn trotz aller Erstarrung und Enttäuschung,
die du im dich siehst,
lebt sie ewig fort wie das Gras.
Beuge dich freundlich dem Rat der Jahre und gib mit Anmut
jene Dinge aus der Hand, die der Jugend vorbehalten sind.
Erhalte dir die Schärfe deine Verstandes,
denn sie vermag dich vor plötzlichem Unglück zu bewahren.
Aber lass dich nicht fallen in ständiges Grübeln.
Viele Ängste sind nur Folge von Müdigkeit und Einsamkeit.
Nichts gegen eine gewisse Disziplin, im Übrigen aber
sei freundlich mit dir selbst.
Deshalb:
lebe in Frieden mit Gott, was auch immer du für ihn halten magst
und was immer deine Arbeit und dein Streben sein mögen
in der lärmerfüllten Verwirrung des Lebens.
Halte Frieden mit deiner Seele.
Trotz aller Täuschungen, Plackereien und aller zerbrochenen Träume,
ist es immer noch eine wunderbare Welt.
Sei bedacht, strebe danach, glücklich zu sein.
Gedicht von Max Ehrmann * 1872 - 1945